Apokalypse Now?

Apokalypse Now?

Bis vor kurzem noch konnten wir die Nebenfolgen des eigenen Handelns und Unterlassens auslagern: in die Atmosphäre, in die Weltmeere, in die Zukunft, in den globalen Süden, und – was die Verteidigung angeht – zu den USA.
Doch seit einigen Jahren stellen wir fest, dass all diese Nebenfolgen – und Corona war dafür eine frühe Metapher – in immer beunruhigender werdender Häufung zu uns zurückkommen. Ein Crescendo der Apokalypse, könnte man sagen, falls man es dramatisch liebt.
Etwas prosaischer lässt sich konstatieren, dass die mannigfaltigen Veränderungen der Realität spürbare Einschränkungen in unserer ganz persönlichen Lebensführung nach sich ziehen, welche subjektiv häufig als Freiheitsverluste empfunden werden.

Und wenngleich sicherlich nicht jede Bürgerin und jeder Bürger das Spiel aus Ursache und Wirkung vollständig zu rationalisieren in der Lage ist, so ist doch die Ahnung von der Zerrüttetheit der Zeitläufte auf einer tieferen, sublimen Ebene – mindestens als dumpfes Gefühl – allgegenwärtig.

Weite Teile der Bevölkerung sind zutiefst verunsichert angesichts der politisch-klimatischen Entwicklungen, durch die unser westliches Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell – und damit in letzter Konsequenz unser ganzes fragiles Selbst – ethisch und ganz handfest in Frage gestellt werden. Man muss schon das Glück haben, mit einem überdurchschnittlich großen Reservoir an Resilienz ausgestattet zu sein, um angesichts dessen, was da an Herausforderung auf uns zukommt, nicht zu verzweifeln oder in den Eskapismus zu flüchten.

Unvermeidlich ist, dass weltweit professionelle Vereinfacher wie Giftpilze aus dem Boden schießen, die sich, gleichsam saprophytisch, von den fauligen Hinterlassenschaften misslungener Gegenwartsbewältigung ernähren. Als prominente Beispiele seien die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich, und nicht zuletzt Trumps MAGA Bewegung in den USA genannt. Diese politischen Hütchenspieler nutzen die seelische Heimatlosigkeit großer Bevölkerungsteile so systematisch wie gnadenlos aus. Ihr Angebot: psychologische Entlastung zum Nulltarif; die allerorts heraufziehenden Gewitterwolken werden schlicht zu Phantasmen der Fake News-Medien erklärt.

Damit ist klar, was gegen die Multi-Krise zu tun ist – nämlich nichts!

Das Leben kann weiter gehen wie bisher: die Impfung gegen Corona wäre niemals nötig gewesen (eigentlich war uns das doch schon seit Mitte 2020 klar…); es gibt nur 2 Geschlechter; drill-baby-drill; was geht uns die Ukraine an? und: endlich sind die Strohhalme in der Fast-Food-Kette des Vertrauens wieder aus Plastik.

Je einfacher die Botschaft, um so stärker verfängt sie. Höheres Denken bleibt auf der Strecke, die Lautsprecher in den sozialen Echokammern vernebeln uns die Sinne. Und das Flehen unserer Nachfahren aus der Zukunft, denen die Gnade der frühen Geburt nicht beschieden war, dringt nicht durch zu uns.

Das einzig Tröstliche: es wird bald Frühling.


 

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