Mischke / Rubiales

Mischke / Rubiales

Thilo Mischke

Zum Fall (!) des designierten TTT-Moderators Thilo Mischke ist vieles gesagt worden, das meiste davon kratzte jedoch an der Oberfläche, ohne den Kern der Sache zu berühren. Sollten im öffentlichen Raum je abweichende Meinungen geäußert worden sein, so gingen sie unter in einer Mixtur aus Schadenfreude, Schulterzucken und betretenem Schweigen. Eine der wenigen Ausnahmen ist der meinungsstarke Philosoph Wolfram Eilenberger, der sich in einem Podcast wie folgt äußerte:

Wolfram Eilenberger zum offenen Brief von 100 Kulturschaffenden zur Causa Mischke/TTT (transkribiert aus dem Podcast):

Dieser offene Brief ist ein Beispiel für die Tendenz zur eigenen Markenetablierung in einem Feld, indem man auf den Biografien von Menschen herumtritt, die man nicht kennt. Und das scheint mir wirklich moralisch verwerflich. Da geht es nicht darum, dass man irgendwelche moralischen Werte hochhält, sondern darum, dass man sich in einem öffentlichen Raum als moralisch inszeniert, und ich denke, so ein Brief ist ein hervorragendes Beispiel für solch eine Unsitte.

Wir müssen uns alle fragen in Zeiten der sozialen Medien, in denen Biografien sehr gut durchdokumentiert sind, wie weit wir gehen wollen in der Haftbarmachung von Biografien, wie weit man Menschen, auch Berufskarrieren zerstört, indem man agitiert. Und das ist moralisch sehr heikel.

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Rubiales

Ein sportliches Großereignis erreicht den Höhepunkt. Harte Arbeit findet ihren Abschluss im größten denkbaren Erfolg. Um so spektakulärer ist dieser WM-Sieg, da ihm monatelange interne Querelen vorausgingen, die eine Fokussierung auf den Sport eigentlich unmöglich machten.

Euphorie, Überschwang allerorten. Der Neurotransmitter-Cocktail im Kopf der Beteiligten mutmaßlich vergleichbar mit dem Zustand nach dem Genuss von zwei Flaschen Rioja in einer spanischen Tapas-Bar.

Der Chef – beseelt vom Glück des unerwarteten Triumphs – verteilt die Siegesmedaillen an seine Angestellten. Er umarmt die eine, küsst die zweite auf die Wange, herzt die dritte.

Jubel. Freude. Heiterkeit.

Dann – die Torschützenkönigin. Er umarmt auch sie, vor Millionen Augenpaaren in aller Welt, sie wechseln ein paar emotionale Worte; dann nimmt er ihren Kopf in beide Hände, küsst sie auf den Mund. Die beiden beenden die kurze Begegnung mit einer zweiten Umarmung und einem sportlich-lässigen Klaps auf den Rücken, Anerkennung signalisierend.

Wobei: dieser letzte Klaps – von Rubiales etwas zu betont beiläufig ausgeführt – enthielt vielleicht bereits eine erste Andeutung von schlechtem Gewissen, eine kleine Prise des Zweifels, ob dieser Kuss im Überschwang der Gefühle nicht doch ein wenig unangebracht gewesen sein könnte, gar als sexuell konnotiert missverstanden werden könnte.
Doch keine Zeit für solche Zwischentöne – schon steht die nächste Spielerin Spalier.

So weit, so normal?

Rubiales wurde entlassen. Er steht vor Gericht, ihm drohen bis zu zweieinhalb Jahre Gefängnis. Heute hörte ich einen Kommentator mit strenger Stimme dozieren, der Prozess sei gerecht. Er sei so etwas wie die spanische Version der Causa Pelicot in Frankreich.

 

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