Timo Boll – ein Weltstar geht von Bord
Am Nachmittag des 15. Juni 2025 um 16:33 Uhr war es so weit: Timo Boll, der erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler aller Zeiten, spielte den letzten Ball seiner Karriere.
Im TTBL-Finale gegen Ochsenhausen, das mit 2:3 verloren ging, gab der 44jährige Düsseldorfer noch ein letztes Mal alles, was sein Körper in diesem für Tischtennis-Profis außergewöhnlich hohen Alter noch zu geben in der Lage war. Das ultimative Happy End blieb zwar aus – Timo verlor sein Einzel. Doch immerhin musste der brasilianische Weltranglistendritte Hugo Calderano über die volle Distanz gehen, um Boll schließlich im fünften und letzten Satz knapp mit 11:9 Punkten zu besiegen. Die Standing Ovations der Zuschauer, die dem Spektakel beiwohnten, waren eingepreist; die Tränen der Rührung, die von vielen Seiten vergossen wurden, waren angesichts der sporthistorischen Dimension mehr als angemessen.

TIMO BOLL (Foto/Lizenz: Sandro Halank, Wikipedia Commons)
- 4 x die Nummer 1 der Weltrangliste zwischen 2003 und 2018
- 20 Europameistertitel im Einzel, Doppel und Mixed
- Mehrere Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen
- 7 x Champions League Sieger mit Borussia Düsseldorf
Timo Boll war der bestmögliche Botschafter für den Tischtennissport: ein Top-Athlet, der über zwei Jahrzehnte hinweg mit unglaublicher Konstanz auf Weltklasse-Nivieau spielte, und der darüber hinaus stets freundlich, fair und bodenständig blieb; obendrein war er ein unermüdlicher Autogramm-Schreiber. In China, dem Mutterland des Tischtennis, ist Boll eine echte Berühmtheit; Boll beschrieb manchmal, dass er sich in China nicht bewegen kann, ohne dass sich eine Menschentraube um ihn herum bildet.
Timo Boll – eine echte Ausnahmeerscheinung.
Role Models
Ich bin fast zehn Jahre älter als Timo Boll. Als er Anfang der 2000er-Jahre in die absolute Weltspitze vorstieß, war ich schon Ende zwanzig. Timo war für mich ein hoch geachteter Sportler, konnte aber aufgrund des Altersunterschieds kein Vorbild für mich sein, dem ich nachzueifern versuchte.
Wenn ich meinen eigenen sportlichen Werdegang betrachte, dann waren es zwei andere Spieler, die mich am meisten inspirierten:
Da war zum einen Jörg Rosskopf, Jahrgang 1969 und damit 3 Jahre älter als ich. Unvergessen bleibt der Jubel, als Rossi gemeinsam mit Steffen Fetzner 1989 in der Dortmunder Westfalenhalle Doppel-Weltmeister wurde. Das Finale wurde damals im Fernsehen live übertragen, was für unsere vom Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk oft stiefmütterlich behandelte Sportart eine wohltuende Ausnahme war. Ich selbst war damals 17 Jahre alt und spielte gerade meine erste Saison im Verein. Die Erfolge dieses großgewachsenen, etwas grobschlächtig daherkommenden Deutschen mit dem einprägsamen Namen löste einen Motivationsschub bei mir aus und bestärkte mich in dem Willen, Tischtennis zu meiner Sportart zu machen.
Und es gab noch einen zweiten Spieler der 80er- und 90er-Jahre mit absolutem Kultstatus: der Schwede Jan-Ove Waldner. Sein stoisch-lässiges, auf manche Beobachter arrogant wirkendes Auftreten, sowie seine genial-verspielte Technik brachten Waldner den Titel Mozart des Tischtennis ein. Bis heute gilt der leichtlebige Schwede, der weltlichen Genüssen nicht abgeneigt war, als Spieler mit dem besten Ballgefühl aller Zeiten. In die Sprache des Fußballs übersetzt: Jan-Ove Waldner wäre eine Mischung aus Zinedine Zidane und Lionel Messi.
Der Einfluss von Spitzensportlern auf die Entwicklung junger Menschen ist nicht hoch genug einzuschätzen. Dabei geht es nur vordergründig um die sportlichen Leistungen, um Erfolge, Titel und Medaillen. Diese sind lediglich ein Vehikel, um Kinder und Jugendliche für eine Sportart zu begeistern und ihr Interesse zu wecken. Mindestens genau so wichtig ist die Persönlichkeit der Idole: wie treten sie in der Öffentlichkeit auf? wie reagieren sie nach Niederlagen? Welche Werte leben sie vor?
Der Tischtennis-Sport bietet eine Menge guter Vorbilder. Timo Boll ist ein leuchtendes Beispiel.
Danke, Timo, für 25 tolle Jahre!